Rochade Europa 2012-01, Chess, Rochade Europa Magazin
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Januar
2012
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Mit welchem Keulenschlag beginnt
Weiß seinen Schlussangriff gegen
den schwarzen König? Siehe Seite 3!
Die vielseitig-informative
Schachzeitung
E-Mail: ROCHADE@rochadeeuropa.com
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03634-603850
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Internet: www.rochadeeuropa.com
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Postfach 11 54
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99601 Sömmerda,
99610 Sömmerda)
Schachkrone
(Hausanschrift: Fr.-Mehring-Str. 14a
●
bleibt in China
Die Chinesin Hou Yifan hat ihren WM-Titel ganz souverän verteidigt. Mit 5,5:2,5 Punkten gewann sie in der
albanischen Hauptstadt Tirana gegen Herausforderin Koneru Humpy (Indien). Das Duell war auf zehn Spiele
angesetzt, aber schon nach der achten Partie vorzeitig beendet.
Verwaltung und Organisation von
Schachturnieren
(geeignet für Windows 2000, XP, Vista, Windows 7)
Schweizer-System-Turniere
Rundenturniere
Knockout-, Amsterdamer- Keizer und Scheveninger System
Einzel- und Mannschaftsturniere
(Liga-Verwaltung mit Einzelspieler-Ergebnissen)
Version 8
*
Swiss-Chess für Windows
ist das komplette Turnierverwaltungsprog
ramm für alle, die an
der Organisation, Verwaltung, Auswertung und Veröffentlichung von
Schachturnieren beteiligt sind. Es ist für die Veranstalter von
FIDE-
Turnieren
ebenso geeignet, wie für die Organisatoren von
Schnellschach-Open oder Bezirks- und Vereinsturnieren.
*
Schweizer-System-Turniere können mit max.
998 Teilnehmern und
25 Runden
, Rundenturniere mit max.
80 Teilnehmern
und
4 Durchgängen
und
Amsterdamer-System mit max.
400 Runden
durchgeführt werden.
*
Mannschaftsturniere
(Liga-Verwaltung) lassen sich mit oder ohne Brettspielerverwaltung (bis
zu
80
Ersatzspieler, Nachmeldungen,...) durchführen. Schweizer-System- und Rundenturniere
können mit mehreren Partien pro Runde gespielt werden.
Knockout-Turniere
können mit
oder ohne Schweizer-System-Turnier für die Ausgeschiedenen organisiert werden.
*
Arbeitet nach den
neuesten FIDE-Regeln
und wird vom Schiedsrichterausschuß des
Deutschen Schachbundes empfohlen.
*
Ermittelt (inoffizielle) Turnierauswertungen nach DWZ / ELO und FIDE-Titelnormen und
ermöglicht die
Datenübergabe für die offizielle Auswertungen
durch Verband oder FIDE.
*
Das
schnelle Erfassen der Teilnehmerdaten
wird durch die Verwendung von
Hintergrunddateien (
DSB- oder FIDE-Spielerdaten, OESB- und SSB-Daten
), die auch aus
dem
Internet
geladen oder selbst erstellt werden können, deutlich vereinfacht.
*
In Rundenturnieren ist die direkte Ergebniseingabe mittels Kreuztabellen möglich.
*
Die Erstellung von
Partiesammlungen oder Bulletins
wird durch die Ausgabe der
Partiedaten in das
PGN-Format
deutlich vereinfacht. Es entfallen die zeitaufwendigen
Routinearbeiten und mit Datenbanken wie
ChessBase
, usw. brauchen nur noch die Züge
eingegeben zu werden.
*
Das Programm kann mehrfach gestartet werden, um eine schnelle Umschaltung bei
verschiedenen Turniergruppen
zu ermöglichen.
*
Sehr komfortabel und flexibel sind die
Erstellungen aller notwendigen Listen und
Formulare
. Diese können sehr einfach nach
individuellen Erfordernissen
geändert werden
(Schriftart, Seitenorientierung, Seitenränder). Tabellenspalten können in ihrer Breite,
Ausrichtung und Position (Ausgabeunterdrückung) festlegt werden.
*
Es kann angegeben werden, ob alle Daten einer Liste oder nur Teile davon auf den Drucker,
in eine
Textdatei
, als
HTML-Datei
, in die Zwischenablage oder als
Seitenvorschau
auf dem
Bildschirm ausgeben werden.
*
Schnelle
Veröffentlichung von Ergebnissen / Tabellen
im Internet über
schachlinks.com
.
*
Zusätzlich ist ein
Listengenerator
für individuelle Tabellen und Formulare vorhanden, mit
dem sich auch eigene Grafiken (Vereinslogo, Flaggen, Fotos,...) einbinden lassen. Diese
lassen sich auch in verschiedenen Formaten (
Html, PDF, Excel, Rtf
,...) zur direkten
Weiterverarbeitung mit
Office-Programmen
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Anerkannt seit
FIDE-Kongreß
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2
ROCHADE EUROPA Nr. 1 Januar 2012
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(2701) Poikovsky 2011.
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31.Db7!! Dxg6
31...Dxb7 32.Tg8 matt; 31...
Td7 32.Dxd7! Dxd7 33.Tg8 matt.
32.Dxb4+ Ke8 33.f7+
1:0
Schwarz
gab auf, weil nach
33...Kd7 34.Dxd4+ leicht gewinnt.
Die komplette Partie (ab Seite 26) finden Sie bei
Großmeister Dragan
Barlov
ausführlich kommentiert!
Top-Themen des Monats
●
Schachkrone der Frauen bleibt in China
. . . . . . . . . . . . 4-5
China und Indien sind die kommenden Großmächte. Das zeigt
sich bereits im Schach. Die Chinesin Hou Yifan verteidigte
ihren Titel gegen die Inderin Koneru Humpy. Bericht von
Dagobert Kohlmeyer
●
Tal Memorial - stärkstes Turnier 2011
. . . . . . . . . 5-6; 28-32
Aronjan und Carlsen gewinnen das Superturnier Kat. 22 mit
einem Elo-Schnitt von 2776. Die beiden anderen 2800er“
Anand und und Kramnik landen mit einem bzw. zwei Punkten
Rückstand auf den Plätzen 6 und 8. Bericht von
Dagobert
Kohlmeyer
kommentierte Partien von
Großmeister Dragan
Barlov.
Karpow in der Duma
Bei den Wahlen zum russischen Parlament, der Duma, am 4. Dezember 2011
wurde der frühere Schachweltmeister Anatoli Karpow für die Regierungspar-
tei Vereinigtes Russland“ zum Repräsentanten des Gebiets Tjumen gewählt.
Die Internet-Seite der russischen Schachföderation verwies auf die Website
der Zentralen Wahlkommission und eine von dieser Kommission veröffent-
lichte Liste von insgesamt 450 Deputierten.
●
Bundesliga nach 7 Runden
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7-19
Spitze Baden-Baden vor Bremen, Solingen und Eppingen.
Schlusslicht der Hinrunde Remagen. Beiträge von
Jürgen
Kohlstädt, Thomas Rondio, René Gabel, IM Frank Zeller
●
Blindsimultanweltrekord in Sontheim
. . . . . . . . . . . . 20-24
Der Sontheimer Marc Lang macht sich unsterblich und setzt
sich an die Spitze berühmter Blindschachspieler wie Morphy,
Paulsen, Blackburne, Zukertort, Pillsbury, Breyer, Réti,
Aljechin, Koltanowski und Najdorf. Vorort-Bericht von
IM Frank Zeller
Ständige Rubriken
(von A bis Z)
Autodidakt
- die Schachschule!
. . . . . . . (GM Barlov) . . . . . 33-34
Bei genauerer Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . (Nikolaiczuk) . . . . 54-55
Büchertipp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57-64
Deutscher Schachbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Stolze) . . . . . . . . . . . . 37
ECU-Nachrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Schendel). . . . . . . . . . 40
Endspieluniversität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (GM Skembris) . . . 38-40
Eröffnungstheorie aktuell . . . . . . . . . . . . . . . . . (FM Konikowski) . . . . 36
Fernschach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Bekemann) . . . . . . . . 35
Impressum
mit Redaktionsschluss!
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Kniffelschach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Krystufek) . . . . . . . . . 40
Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
Leser ist am Zug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (GM Vogt) . . . . . . . . . 71
Meine besten Partien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (GM Uhlmann) . . . . . . 56
Meine Rätselecke - nicht nur f. Schachspieler . (Max Riedl) . . . . . . . . 43
Partiekommentare Top-Turniere. . . . . . . . . . . . (GM Barlov) . . . . . 25-32
Problemschach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Dr. Weißauer). . . . 41-42
ROCHADE
International
. . . . . . . . . . . (Whiffenpoof) . . . . 44-53
Rösselsprung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (FS-SIM Wolfenter) . . 73
Schach im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Battig) . . . . . . . . . 34-35
Schweiz
-Schach mit Meielisalp . . . . . . . . . . . . (FM Karl) . . . . . . . 77-78
Szenarien im PS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Hoffmann) . . . . . . 72-73
Terminkalender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74-77
WWW - Die Internetseiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Weiterer Inhalt
Karpow in der Duma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Schendel). . . . . . . . . . . 3
Sportübertragungen vermehrt im Internet . . . . (Schendel). . . . . . . . . . 32
Interview mit Arkadij Naiditsch . . . . . . . . . . . . (Rieger) . . . . . . . . . 36-37
Nachruf Walter Wuthcke . . . . . . . . . . . . . . . . . (Kohlmeyer) . . . . . 42-43
Nachruf Walter Wuthcke . . . . . . . . . . . . . . . . . (Vettermann). . . . . . . . 43
OIBM Bad Wiessee: GM Alexander Graf . . . . (GM Teske) . . . . . . 65-70
Nachruf Dr. med. Egon Erker. . . . . . . . . . . . . . (Hofmann). . . . . . . 71-72
Preis: Schach und Unternehmensstrategie . . . . (Schendel). . . . . . . . . . 72
Nachruf Jon McCarthy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Schendel). . . . . . . . . . 73
Anti-Doping-Beauftragte diskutieren . . . . . . . . (Schendel). . . . . . . . . . 77
Karpow war bereits von 1989 bis zum Ende der Sowjetunion 1991 Volksde-
putierter der UdSSR.
Bild: russiachess.org
Neben Karpow sind noch eine Reihe anderer Prominenter für Vereinigtes
Russland“ Deputierte der russischen Duma geworden: zum Beispiel der Re-
gisseur Stanislaw Goworuchin, der Tennisspieler Marat Safin, der Schwim-
mer Alexander Popow und der Boxer Nikolai Walujew.
Das Gebiet Tjumen liegt in Sibirien, hat nach dem Census von 2010 etwa 3,4
Millionen Einwohner und gehört zu den reichsten Gebieten Russlands
Gerald Schendel
Redaktionsschluss: 02/2012: 16.01.2012; 03/2012: 13.02.2012
Impressum
Rochade
Europa
Offizielles Verkündigungsorgan folgender Verbände im Deutschen Schachbund:
· Bayern · Brandenburg · Hessen · Ruhrgebiet · Saarland · Sachsen · Sach-
sen-Anhalt · Thüringen · Förderkreis der Senioren im DSB. Offizielles Verkün-
digungsorgan der Schachspieler · Nordrhein-Westfalens · Badens · Bremens ·
Norddeutschlands · Niedersachsens · Württembergs · von Rheinland-Pfalz
Herausgeber:
Carsten Köhler,
Postfach 11 54, 99601 Sömmerda
03634-603850, 03634-3721159,
E-Mail: ROCHADE@rochadeeuropa.com
Internet: www.rochadeeuropa.com
Redaktionsteam:
H. Köhler, W. Gerard, Dr. Weißauer
Mitarbeiter:
GM Barlov D, Battig W,
Bekemann U, Beyer-von Gablenz F, Brö-
mel R, FM Brustkern J, Burghardt M, Carl
E, Carstens C, Domaske A, Fleischer J,
Gohde K, GM Gutman L, Heymann N,
Hoffmann F, Josten G, FM Karl H, Kohl-
meyer D, Kohlstädt J, FM Konikowski J,
Krystufek P, GM Luther T, Dr. Morgentha-
ler, Nikolaiczuk L, Pachl F, Schendel G,
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Teske H, WGM Trabert, B, GM Uhlmann
W, GM Vogt L, Wieteck H, FS-SIM Wol-
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Einzelheft 3,50
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3
ROCHADE EUROPA Nr. 1 Januar 2012
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Dagobert Kohlmeyer:
Hou Yifan verteidigt ganz
überlegen ihre Schachkrone
Hou Yifans Freude war übergroß, ihre Mandelaugen strahlten: Gerade
hatte die 17-jährige Chinesin in Tirana ihren Weltmeistertitel souverän
verteidigt. Ein Remis in der achten Partie gegen Koneru Humpy aus In-
dien genügte der Ausnahmekönnerin, um das Match vorzeitig mit 5,5:2,5
für sich zu entscheiden. In dem auf zehn Partien angesetzten, einseitigen
Duell gewann Hou Yifan drei Spiele, die übrigen fünf endeten remis.
Auch die zweite Partie der Frauen-
weltmeisterschaft endete remis. Mit
den weißen Steinen wurde Yifan
Hou, wie sie später auf der Presse-
konferenz sagte, von der Eröff-
nungswahl der Herausforderin über-
rascht. Koneru Humpy brachte die
Russische Verteidigung aufs Brett
und erreichte bald bequemen Aus-
gleich. Beim Übergang ins Endspiel
entwickelte die Inderin sogar eine
leichte Initiative gegen den lang ro-
chierten weißen König, doch die
Weltmeisterin hielt ihre Position in
der Remisbreite. Es folgte ein Ruhe-
tag mit einem Ausflug in die albani-
schen Berge.
Hatten die beiden Finalistinnen bis-
her sehr vorsichtig agiert, war es im
nächsten Spiel mit der Zurückhal-
tung vorbei. In der dritten Partie
kam Hou Yifan zu einem vollen
Punkt und übernahm damit die Füh-
rung im Match. Mit den schwarzen
Figuren folgte die Chinesin dabei in
der Ragosin-Variante des Damen-
gambits einem Plan von Levon
Aronjan aus dessen Partie gegen Ve-
selin Topalow im letzten Amber Tur-
nier. Nach dem 14. Zug ging die
Chinesin eigene Wege. In kompli-
zierter Position entglitt Koneru spä-
ter die Partie. Es kam zu einem Dop-
pelturm-Endspiel, das die Weltmeis-
terin mit Hilfe ihrer starken Zen-
trumsbauern im 37. Zug leicht zum
Sieg führte.
❍
Koneru Humpy -
●
Hou Yifan
3. WM-Partie
Damengambit D 38
1.d4 e6 2.c4 Sf6 3.Sf3 d5 4.Sc3
Lb4 5.cxd5 exd5 6.Lg5 h6 7.Lh4
c5 8.e3 c4 9.Le2 g5 10.Lg3 Se4
11.Tc1 Da5 12.Se5 Lxc3+ 13.
bxc3 Sc6 14.0-0 0-0 15.Lf3 Sxg3
16.fxg3 Sxe5 17.dxe5 Le6 18.
Lh5 Dxa2 19.Tf6 Db2 20.Txh6
Lf5 21.Tf6 Le4 22.Lf3 Ld3 23.
De1 Tae8 24.Lxd5 Txe5 25.e4
Kg7 26.Tf2 Db6 27.Dd2 Td8
28.Db2 f5 29.Dxb6 axb6 30.Lxb7
fxe4
+++
+++
+++
++
++++
++
++
++
Schwarz steht klar besser, aber nach
31.Ta2
nahm die Chinesin die Initiative und
ging schließlich mit einem Mehr-
bauern ins Endspiel. Zum Sieg
reichte es nicht, aber zur Verteidi-
gung ihrer der Führung. Im Gesamt-
klassement stand es nun 2,5:1,5.
In der 5. Partie wurde der Rhythmus
des Farbwechsels geändert, so dass
Hou Yifan erneut mit den weißen Fi-
guren spielte. Humpy Koneru wie-
derholte ihre Eröffnungswahl vom
Vortage und entschied sich erneut
für den offenen Spanier. Im 12. Zug
wich die Weltmeisterin mit dem ge-
bräuchlicheren 12.cxd4 von der Vor-
gängerpartie ab, wo sie
ge-
zogen hatte. Bis zum 16. Zug folg-
ten beide Spielerinnen einer Begeg-
nung Swidler-Caruana und anderen
Vorbildern, danach ging Hou mit
17.b4 eigene Wege. Zu greifbarem
Vorteil kam die Chinesin jedoch
nicht. Im 43. Zug wurde Remis ver-
einbart. Spielstand: 3:2.
Nach Schmerzen zum Sieg
Die Partie 6 hatte für die Weltmeis-
terin eine schmerzliche Vorgeschich-
te und nahm aus Sicht der Heraus-
forderin einen tragischen Verlauf.
Hou Yifan klagte in der Nacht zuvor
über starkes Bauchweh und wurde
sofort ins beste Krankenhaus von Ti-
rana gebracht. Die medizinischen
Tests brachten aber keinen organi-
schen Befund, sondern die Ärzte
führten die Beschwerden der Chine-
sin auf den psychischen Druck zu-
rück. Hou Yifan lehnte sämtliche
Schmerz- bzw. Beruhigungsmittel
ab und setzte sich am Folgetag in
kämpferischer Stimmung ans Brett.
Als Nachziehende neutralisierte sie
nicht nur die Vorbereitung ihrer
Gegnerin, sondern gewann am Ende
sogar die Oberhand. Humpy Koneru
war zwar mit dem Vorteil des Läu-
ferpaars aus der Eröffnung gekom-
men, doch im Partieverlauf glich die
Titelverteidigerin dies durch ihre ak-
tiveren Figuren aus. In hoher Zeitnot
übersah Koneru in scheinbar glei-
cher Stellung schließlich eine vier-
zügige Mattkombination. Durch den
erneuten Schwarzsieg erhöhte Hou
ihren Vorsprung auf zwei Punkte.
War das 4:2 bereits die Vorentschei-
dung im Match?
❍
Koneru Humpy -
●
Hou Yifan
6. WM-Partie
Damengambit D 38
1.d4 e6 2.c4 Sf6 3.Sf3 d5 4.Sc3
Lb4 5.Da4+ Sc6 6.e3 0-0 7.Ld2
dxc4 8.Lxc4 Ld6 9.Dc2 a6 10.a3
e5 11.dxe5 Sxe5 12.Sxe5 Lxe5
13.f4 Lxc3 14.Lxc3 De7 15.0-0
Dxe3+ 16.Kh1 Db6 17.f5 Ld7
18.Lb4 Tfe8 19.Tad1 Dc6 20.
Db3 Kh8 21.Tc1 Db6 22.Lxf7
Te5 23.Lc3 Dxb3 24.Lxb3 Te3
Weiß hat das Läuferpaar und steht
besser. Aber der
12.Sb3
Weltmeisterin Hou Yifan
Als das Finale der Frauen-WM vom Weltschachbund FIDE nach Tirana ver-
geben wurde, war die Verwunderung groß. Wo ist Schach wieder einmal ge-
landet? Wie kann es sein, dass so ein hochrangiges Ereignis in einem armen
Land wie Albanien, ausgerichtet wird?“, fragten sich viele. Die Erklärung ist
einfach: Auch in dem kleinen Balkanstaat gibt es durchaus reiche Leute, die
es sich leisten können, ein WM-Finale zu sponsern. Zumal der Kampf um
die Krone bei den Frauen nur einen Bruchteil der Summe kostet, die bei ei-
nem WM-Match der Männer auf dem Tisch liegt. Als Preisfonds waren
200 000,- ausgelobt. Sie wurden zwischen Siegerin und Verliererin im Ver-
hältnis 60:40 geteilt.
Die feierliche Begrüßungszeremonie fand im Präsidentenpalast von Tirana
statt. FIDE-Präsident Kirsan Iljumschinow erklärte das Match für eröffnet.
Der Präsident der Albanischen Schachföderation Rezart Taci hieß die Teil-
nehmerinnen im Land willkommen. Taci besitzt eine eigene Erdölfirma und
war der Hauptsponsor des WM-Kampfes. Das Weltmeisterschaftsduell fand
im Hotel International“ von Tirana statt, vorgesehen waren zehn Partien.
Nach der Eröffnungsfeier gab es eine Pressekonferenz, dann inspizierten bei-
de Schachamazonen den Spielsaal und absolvierten dort eine Sitzprobe. Hou
Yifan wählte einen roten Sessel, Koneru Humpy einen blauen. Bei der Far-
bauslosung erhielt die Inderin für das Auftaktspiel die weißen Steine.
Die erste Partie zwischen der Weltmeisterin und ihrer Herausforderin endete
remis. Mit Weiß wählte die Inderin die Katalanische Eröffnung, erreichte
aber keinerlei Vorteil. Erst beim Übergang ins Turmendspiel eroberte sie ei-
nen Bauern. Dieses kleine materielle Plus reichte jedoch nicht zum Gewinn.
Immerhin spielten beide Damen bis zum 80. Zug, ehe sie Frieden schlossen.
Albaniens einziger Großmeister Erald Dervishi kommentierte die Partien
live auf der Veranstalterseite.
konnte Weiß noch weiter
kämpfen. Doch die Inderin griff hier
fehl:
31.Tb2?? Te7! 32.Lc6
(32.
La6 e3-+)
32...Td6 33.La4
(oder
33.La8 Ta7)
33...e3 34.Te1 e2
35.Lc2 Tf7 36.Lxd3 cxd3 37.
Td2 Tdf6 0:1
Am vierten Spieltag versuchte Ko-
neru Humpy, die Weltmeisterin mit
einer alten Variante im offenen Spa-
nier zu überraschen. Das Erstaunen
von Hou Yifan dauerte aber nicht
lange an. Nach der Eröffnung über-
von Schwarz
ist aktiv, und der Bauer f5 muss ge-
schützt werden. Humpys Vorteil ist
daher nicht so groß.
25.Lc4
25.Kg1!?
25...Tae8 26.
Ld4 T3e7 27.La2 Te2 28.Lf7
Die Folge
Te3
28.Txc7 Lc6 29.Tg1
Td8 30.Lc4 Tc2 31.Lb6 Se4
bereitet Schwarz keine Sorgen.
4
ROCHADE EUROPA Nr. 1 Januar 2012
www.rochadeeuropa.com
Gorbatschow ehrt Hou Yifan
gung. Auf die Frage, ob sie jetzt auch einmal gegen Judit Polgar, die stärkste
Schachspielerin aller Zeiten, antreten möchte, erwiderte die Chinesin: Ich
würde einem Duell mit ihr nicht aus dem Weg gehen, doch leider spielt sie ja
nur gegen Männer.“ Die Chinesin selbst will auch künftig in Wettbewerben
für Frauen und Männer starten.
In einem Interview nach der Titelverteidigung berichtete Hou von ihrer Vor-
bereitung auf den Wettkampf, für die sie wegen anderer Turnierverpflichtun-
gen nur einen knappen Monat Zeit hatte. Viel Unterstützung habe sie durch
ihre Trainer Ye Jiangchuan und Yu Shaoteng erhalten. Die 17-Jährige akzep-
tiert alle Formate für die Weltmeisterschaft, ob Rundenturnier, K.-o.-System
oder Zweikampf. Inzwischen beherrscht die Chinesin die englische Sprache
sehr gut und liest ausländische Literatur. Ihr Lieblingsbuch ist derzeit Wind-
ow boy“. Hou Yifan pflegt Kontakte über Facebook, allerdings nur im Aus-
land, da dieses Netzwerk in China verboten ist.
Mit ihrem so frühen Sieg am 24. November hatte Hou Yifan den ganzen
WM-Terminplan durcheinander gebracht. FIDE-Präsident Kirsan Iljumschi-
now weilte zu dieser Zeit noch in Moskau, wo Anand und Gelfand mit ihm
nach dem Tal Memorial den Vertag für ihr WM-Match 2012 unterzeichneten.
So mussten die Schachladies etliche Tage in der albanischen Hauptstadt bis
zur Siegerehrung ausharren, zumal noch ein ganz besonderer Mann eingela-
den war. Als Ehrengast konnte Iljumschinow keinen Geringeren als Michail
Gorbatschow gewinnen. Die Zeremonie fand am 30. November im Präsiden-
tenpalast von Tirana statt. Der letzte Staatschef der UdSSR und Friedens-No-
belpreisträger hat selbst im zweiten Weltkrieg Schach gelernt und ist heute
Schirmherr der FIDE-Kampagne Schach in den Schulen“. Ich erinnere
mich, dass Gorbatschow im Januar 1998 beim WM-Finale Karpow-Anand in
Lausanne ebenfalls zur Siegerehrung kam. Es ist immer gut, wenn die Sport-
art Schach durch solche Persönlichkeiten mehr Aufmerksamkeit bekommt.
Partie Nr. 8
28...T8e7 29.Lc4 T2e4 30.Lc5
Hier konnte die Weiße das Abspiel
30.Lxf6 gxf6 31.Ld5 T4e5 32.
Lxb7 Lb5 33.Tfd1 Txf5 34.Kg1
probieren, wonach sie die Initiative
behält und ihre Gegnerin mehr Bau-
erninseln hat.
30...Te8 31.Lf7 T8e5 32.La2
Lc6
+++
++
+++
++
++++
+++
++
+++
Die wenig überzeugenden Läufer-
manöver von Weiß konnten Schwarz
nicht ernsthaft gefährden. Humpys
nächster Zug ist die Ursache ihrer
Niederlage.
33.Tg1?? Te2
tie dann mit viel Geduld zum Sieg.
Es wurde mit 97 Zügen das längste
Spiel im Match.
❍
Hou Yifan -
●
Koneru Humpy
7. WM-Partie
+++
++++
+++
++
++++
++++
++++
++++
Stellung nach
97.Kg5
Das war es wohl. Beim Stand von
2:5 musste Koneru jetzt die restli-
chen drei Partien gewinnen, um
noch den Stichkampf zu erreichen.
Daran glaubten selbst die größten
Anhänger der Inderin und die
kühnsten Optimisten nicht mehr. Am
folgenden Spieltag hatte Hou Yifan
dann keine Mühe, in der achten Par-
tie das notwendige Remis zu errei-
chen und damit ihren Titel zu vertei-
digen. Mit den schwarzen Steinen
wählte die Weltmeisterin die Rago-
sin-Variante des Damengambits.
Humpy Koneru spielte angesichts
des großen Rückstandes sehr zaghaft
und tauschte zu viele Figuren ab, um
die Chinesin in Gefahr bringen zu
können. So endete das Duell um die
Schachkrone der Frauen mit einem
5,5:2,5 vorzeitig zugunsten der Ti-
telträgerin.
Was machte diesen klaren Erfolg
aus? Sicher nicht Hou Yifans silber-
ne Teekanne, die sie zu jeder Partie
ans Brett mitbrachte. Sie leistete
sich einfach weniger Fehler und be-
wies in den entscheidenden Situatio-
nen die besseren Nerven. Und sie
profitierte davon, dass Koneru Hum-
py nicht in bester Form war. Beson-
ders in der zweiten Matchhälfte
machte die Inderin zu wenig aus ih-
ren Stellungen und verdarb mitunter
Remischancen noch zum Verlust.
Ehrengast Gorbatschow
Hou Yifan strahlte: Jetzt möchte
ich erstmal Urlaub machen“, sagte
die junge Dame aus dem Reich der
Mitte direkt nach dem Match, das so
klar für sie verlaufen war. Das ge-
wonnene Geld schien ihr nicht so
wichtig zu sein. Sie konnte zunächst
gar nicht sagen, was sie mit ihrer
WM-Börse tun wird. Wichtiger ist
ihr die erfolgreiche Titelverteidi-
■
Aronjan und Carlsen
gewinnen Gedenkturnier
zu Ehren von Michail Tal
Schwarz droht
34...
Txc5! 35.Txc5 Se4.
34.Ld4 Txf5 35.Lc4 Td2 36.
Lc3?
Noch ein Zeitnotfehler.
36...Se4 37.Tge1?
+++
++
++++
++++
++++
++
+
++
Jetzt droht ein Matt in vier Zügen.
Hätte Weiß den Turm d2 geschla-
gen, wäre sofort der Erstickungstod
gefolgt:
Im vergangenen November wäre Michail Tal 75 Jahre alt geworden. Das tra-
ditionelle Gedenkturnier in Moskau eine Woche später zu Ehren des achten
Schachweltmeisters war deshalb besonders stark besetzt. Es starteten die
besten Spieler der Erde, darunter mit Carlsen, Anand, Aronjan und Kramnik
die vier Rating-Ersten mit 2800 ELO-Punkten und mehr. Auch die übrigen
sechs Spieler gehörten zur absoluten Weltspitze. Wenn die Stärksten am Start
sind, dann schaut die Schachwelt natürlich voller Spannung zu. Und sie wur-
de nicht enttäuscht. Das Turnier hielt viel von dem, was man sich verspro-
chen hatte.
Der junge Russe Jan Nepomniachtschi, in dem Klassefeld mit 2730 ELO no-
minell Schwächster, holte gleich in der Auftaktrunde gegen seinen Lands-
mann Wladimir Kramnik einen nicht erwarteten Punkt. In der Englischen Er-
öffnung war Jan mit Schwarz auf Verwicklungen aus. Wladimir löste seine
Probleme zunächst, geriet aber später nach einer Unvorsichtigkeit in ein
schwieriges Leichtfigurenendspiel. Um den 40. Zug herum war klar, dass die
Partie für ihn verloren geht. Wassili Iwantschuk setzte sich im Endspiel ge-
gen Peter Swidler durch und sorgte damit für den zweiten Sieg des Tages.
Vishy Anand musste einige unangenehme Momente überstehen, doch sein
Gegner Sergej Karjakin nutzte die Möglichkeiten nicht genügend, so endete
diese Partie ebenso remis wie das Treffen zwischen Boris Gelfand und Hika-
ru Nakamura. Magnus Carlsen hatte seine Damenindische Verteidigung ge-
gen Levon Aronian ausgeglichen und kam dann sogar zum Angriff am Kö-
nigsflügel. In unklarer Position ging es ins Endspiel, das schließlich remis
endete
Am zweiten Spieltag zeigte Gelfand gegen Carlsen seine Angriffslust, über-
spannte dabei aber den Bogen. Erst rochierte er in einer ruhigen Variante der
Slawischen Verteidigung lang, dann ging er zum Königsangriff über. Aller-
dings hatte Magnus den Israeli mit dem seltenen, ehrgeizigen Zug 8...Ld3
provoziert. Beide Spieler gingen im weiteren Partieverlauf scharf zur Sache.
Gelfand hätte eine Remis-Abwicklung erzwingen können, spielte aber auf
Gewinn und übersah später einen entscheidenden Trick. Der Punkt ging da-
mit an Carlsen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Swidler gegen Anand eine Stel-
matt.
37...Sg3+ 38.hxg3 Th5+
(39.Kg1
Txg2+ 40.Kf1 Th1 matt.)
0:1
Das 4:2 nach dieser Partie war mehr
als eine Vorentscheidung, denn im
nächsten Treffen legte die Weltmeis-
terin, diesmal mit Weiß, noch einmal
nach. Hou Yifan gewann auch das
siebente Spiel und war damit nur
noch einen halben Punkt von der Ti-
telverteidigung entfernt. Koneru
Humpy hatte trotz ihres Rückstands
eine ruhige Variante im geschlosse-
nen Spanier gewählt, aber im Mittel-
spiel einen Bauern verloren. Im
Endspiel gewann die Chinesin einen
weiteren Bauern und führte die Par-
37.Lxd2 Sf2
5
ROCHADE EUROPA Nr. 1 Januar 2012
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